„Es gibt nichts Sinnvolleres im Leben, als einem Kind in der Berufsentscheidung helfen zu dürfen“ – Interview mit Mentorin Georgia Papaioannou

Interview: Fabian Reitberger

Georgia Papaioannou arbeitet bei Microsoft als Specialist Security Compliance Identity. Seit längerer Zeit ist sie nun Mentorin bei CyberMentor und gibt ihre Erfahrungen an Mentees weiter. Im Interview erzählt sie von ihrem Werdegang, ihrem interessanten und abwechslungsreichen Job und ihrer Rolle als Mentorin.

Mein Lieblingsfach in der Schule war Mathematik. Ich war in den meisten Fächern sehr gut, aber Mathe habe ich freiwillig und stundenlang geübt, weil es mir Spaß gemacht hat.

Mentorin Georgia.

Nach dem Studium ist die Technik mein Lieblings-MINT-Bereich geworden. Ich habe mich für ein Technikstudium entschieden, aufgrund der Tatsache, dass darin viel Mathe enthalten war. Mathe hatte für mich zu der Zeit immer noch eine große Priorität. Danach habe ich aber verstanden, wie viele Probleme man in der Praxis lösen kann, wenn man in Mathematik gut ist und sich zugleich mit der Technik beschäftigt hat. Dann gibt es so viele mögliche Anwendungen. Das fand ich besonders faszinierend. Deswegen hat mich aus den vier MINT-Bereichen die Technik für sich gewonnen.

Ich spiele Klavier. Ich habe auch schon als Kind Klavier gespielt und ich mache es immer noch.

Specialist ist der/die Spezialist*in. Also jemand, der/die eine gewisse Expertise in diesem Bereich hat. „Security“, „Compliance“ und „Identity“ sind die jeweiligen Bereiche, die sich alle auf die digitale Welt beziehen. Security in der digitalen Welt, Compliance im Sinne von Datenschutz – also Datensicherheit – und Identity ist der Schutz der Konten und der Identität. Als Spezialistin bin ich diejenige, die die Zusammenhänge der Aktionen der Menschen in der digitalen Welt in Bezug auf Applikationen die sie nutzen, Daten die sie austauschen oder Konten die sie erstellen, versteht und Schutzmechanismen und -lösungen für diese Aktionen vorschlägt.

Ja, bei Microsoft beschäftigt man sich ausschließlich mit den sogenannten Enterprise-Kund*innen, es geht also um Unternehmen und nicht um Privatpersonen. Das macht es umso spannender, weil sich die Zusammenhänge nicht nur auf eine kleine Anzahl von Personen beziehen, sondern auf tausende, die dann zu einem bestimmten System gehören. Und all diese Aktionen interessieren sowohl diese Unternehmen, aber auch die Unternehmen die mit diesen wiederum zusammenarbeiten. Dementsprechend wird das dann alles sehr vielfältig und sehr spannend.

Wie gesagt, mein Lieblingsfach war Mathe. Ich habe mich für ein Studium in ETIT (Elektrotechnik/Informationstechnik) entschieden. Ich habe dann auch in diesem Bereich promoviert und dann nach unterschiedlichen Tätigkeiten in der Forschung, in der IT, bei kleineren oder mittleren Unternehmen im Jahr 2020 bei Microsoft angefangen. Dort bin ich dann das erste Mal so wirklich mit dem Thema Security in Berührung gekommen, weil sich die Kunden die ich dort hatte auch intensiv mit diesem Thema beschäftigt haben. Und das Thema fand ich auch sehr interessant. Im Studium gab es während meiner Zeit keine expliziten Fächer, um Security zu lernen und so habe ich mich entschieden, das selbst zu machen: Ich habe eine Mentorin ausgesucht, so wie wir das bei CyberMentor auch machen. Wenn man einen Bereich interessant findet und mehr darüber erfahren möchte, dann sucht man Menschen die diese Kompetenz bereits haben und sich mit diesen Themen gut auskennen. Das hat glücklicherweise dann auch dazu geführt, dass ich mich beworben habe und bei Microsoft anschließend mit dieser Rolle und dieser Verantwortung betraut wurde.

Ich habe in diesen Jahren gelernt – es war nicht nur in der Informatik, sondern auch in der Elektrotechnik so – damit umzugehen. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, sich mit Frauen in diesem Bereich zu vernetzen. Das ist das Erste, was ich gemacht habe und immer noch tue: Den Kontakt zu Frauen, die in diesen Berufen aktiv sind, proaktiv suchen. Das hilft enorm, weil man sich dazu austauschen kann. Man hört, wie es den anderen so geht, wie sie damit umgehen und welche Themen sie beschäftigen. Das Zweite ist – und das ist wirklich ein großes Glück – für einen Arbeitgeber zu arbeiten, der sehr aufmerksam ist, was das angeht. Microsoft achtet beispielsweise darauf, dass keine Teams entstehen, die nur eine Perspektive vertreten. Zudem ist Inklusion ein wichtiges Thema. Aber ich nehme es besonders in der Kundenkommunikation wahr. Da ist der Anteil von Männern in der Regel höher. Aber in meinem Berufsalltag habe ich selbst dafür gesorgt, dass ich es nicht wirklich spüre und nicht als einen störenden Faktor empfinde.

Ja, auf jeden Fall. Und wir sehen das auch in der Praxis, dass es so funktioniert. Frauen versuchen auch Frauen für ihr Team zu gewinnen. Und das ist eine total legitime und schöne Sache. Wenn man also den Kontakt zu Frauen in diesen Männerdomänen-Berufen sucht, hat man auch bessere Chancen, eingestellt zu werden. Denn sie werden sich schon engagieren oder ein gutes Wort für dich einlegen, damit das am Ende klappt.

Ich bin durch einen Beitrag auf LinkedIn auf CyberMentor aufmerksam geworden, das ist schon Jahre her.

Meine Hauptmotivation ergab sich zum einen aus den Erfahrungen, die ich in diesen Männerdomänen-Studiengängen und -berufen gemacht habe. Zum anderen habe ich als alleinerziehende Mutter einer Tochter in der Pubertät damals gespürt, wie die jüngere Generation denkt. Und ich habe gedacht, dass es durchaus sein kann, dass es Kinder und Jugendliche gibt, die den Wunsch und die Kraft haben, sich mit MINT-Themen zu befassen, in deren eigener Umgebung es jedoch keine Leute gibt, die ihnen eine Inspiration geben oder sie unterstützen können. Das ist das, was mich motiviert hat, meine Zeit und mein Wissen zur Verfügung zu stellen, um diesen Kindern zu helfen.

Mit meiner Mentee habe ich regelmäßig Kontakt. Wir treffen uns jede zweite Woche, manchmal jede Woche, je nachdem wie sie Ferien hat oder welche Themen sie gerade beschäftigt. Mit dem Organisationsteam habe ich auch regelmäßigen Kontakt. Ich informiere mich immer darüber, was so ansteht, welche Calls angeboten werden und versuche, soweit wie möglich mitzumachen, je nachdem wie ich selbst Zeit habe. Ich bin aktiv, so gut es geht.

Ich würde es jedem empfehlen. Der Kontakt zu Kindern ist großartig. Es ist eine Perspektive, die man in keinerlei Berufs- oder Privatleben bekommen kann. Es ist ein Kontakt, der durchaus fachbezogen ist, der aber auch mit sehr vielen Fragen zusammenhängt, die man nicht erwartet. Es ist ein Austausch, der für beide Seiten wertvoll ist. Daher würde ich das jedem empfehlen. Vor allem gibt es nichts Sinnvolleres im Leben, als zu wissen oder zu glauben, dass man einem Kind in der Berufsentscheidung helfen durfte. Das ist der Sinn der ganzen Sache.

Ich kann mich an eine Mentee erinnern, die total viel Lust und Spaß hatte, sich mit mir über Physik-Experimente auszutauschen. Das ging so weit, dass ich mich tatsächlich schlau machen musste. Denn die Experimente wurden immer interessanter und fortgeschrittener und die Antworten auf diese hingen mit komplizierten Theorien zusammen. Das war schon sehr anspruchsvoll. Das war wirklich ein total kluges und intelligentes Mädchen.

Was mir ansonsten am meisten Spaß macht, ist die Zufriedenheit bei den Kindern zu sehen. Sie kommen oft mit einer gewissen Erwartung in einen Call. Diese ist für mich im Vorfeld jedoch nicht immer klar, da sie oft nicht kommuniziert wird, so dass man sich nicht darauf vorbereiten kann. Dann sollte man schlagfertig sein können. Wenn das dann klappt, ist es die größte Belohnung, diese Zufriedenheit der Kinder zu sehen. Wenn die Mentees erkennen, dass sie eine Mentorin haben, die tatsächlich fit in den gefragten Themen ist und sie merken, dass ich sie unterstützen kann. Nur die Erwartungen, die sie haben sind teilweise schon eine große Herausforderung. Aber ich wachse mit der Aufgabe mit.

Wir hatten letzte Woche einen Call zum Thema Datenschutz. Also ein Thema, was auch zufälligerweise in meinem Berufsbereich sehr oft vorkommt. Dabei ging es um die Entschlüsselung und Verschlüsselung von Informationen, welche Daten man teilen darf und was anschließend mit diesen passiert. Das ist, wie ich finde, ein interessantes Thema und auch sehr wichtig für diese Generation, die fast ausschließlich digital unterwegs ist.

Ich würde jedem Mädchen empfehlen, sich einen MINT-Traum/Job zu überlegen, egal wie realistisch und umsetzbar das erstmals scheint. Es ist wichtig, selbst daran zu glauben und niemandem zuzuhören, der oder die sagt, dass es vielleicht nicht einfach sein wird oder versucht, sie zu entmutigen und von diesem Ziel abzubringen. Man sollte fest daran glauben und Unterstützung und Hilfe bei solchen Initiativen wie CyberMentor oder bei Menschen suchen, die genauso an diesen Traum glauben. Dann werden sie es schaffen.
 

Ich finde CyberMentor eine großartige Initiative. CyberMentor ist der Zugang für all diese Kinder und Mädchen zu Erwachsenen oder erfahrenen Menschen, die ihnen helfen und sie unterstützen können, ihre Träume im MINT-Bereich zu realisieren. Zudem wird den Teilnehmerinnen der Zugang zu Ressourcen ermöglicht, die diese Kinder sonst niemals bekommen würden. Daher ist es ein Projekt, bei dem eigentlich jeder mitmachen müsste.

Bildquellen:
Abbildung 1: Foto Copyright Georgia.

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